PATIENTENVORSORGE
VORAUSVERFÜGTER WILLE
Arten der Vorsorgedokumentation
Vorausverfügungen dokumentieren den Willen eines Menschen im Blick auf das, was (medizinisch) unternommen werden soll, wenn er nicht mehr entscheidungsfähig ist. Sie haben angesichts medizinischer Möglichkeiten der Lebensverlängerung in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. In der »Christlichen Patientenvorsorge« werden vier Formen möglicher Vorausverfügung genannt: 1. Vorsorgevollmacht, 2. Betreuungsverfügung, 3. Patientenverfügung und 4. Behandlungswünsche (s. Schaubild).
Der Bundesgerichtshof hat vor geraumer Zeit Stellung zu der Frage genommen, welche inhaltlichen Voraussetzungen an eine Patientenverfügung zu stellen sind. Demnach entfaltet eine Patientenverfügung nur dann unmittelbare Bindungswirkung, wenn sie konkret genug verfasst ist, d.h. wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Formulierungen wie etwa »Ich wünsche keine lebenserhaltenden Maßnahmen« sind nicht hinreichend aussagekräftig.
Beschluss des Bundesgerichtshof von 2016
DOKUMENTE ZUR PERSÖNLICHEN VORSORGE
Eine Hilfe, den eigenen Willen im Rahmen einer Vorausverfügung rechtsverbindlich zu dokumentieren, bieten vorgefertigte Leitfaden-Dokumente. Im Folgenden sind die »Christliche Patientenvorsorge« sowie die Dokumente des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zum Download verfügbar.
DEUTSCHE BISCHOFSKONFERENZ / EVANGELISCHE KIRCHE IN DEUTSCHLAND
»Christliche Patientenvorsorge durch Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügung, Patientenverfügung und Behandlungswünsche« |
BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ UND FÜR VERBRAUCHERSCHUTZ
Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung | Themenseite des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz
WAS PASSIERT OHNE PATIENTENVORSORGE?
Wenn im Vorfeld keine Entscheidung getroffen wurde und ein medizinischer Notfall eintritt, versuchen die behandelnden Personen – soweit möglich – Auskunftspersonen zu befragen, um einzuschätzen, ob der oder die Betroffene vermutlich in die jeweilige Behandlung eingewilligt hätte oder sie abgelehnt hätte.
Seit 2023 gilt in Deutschland das Ehegattennotvertretungsrecht: Verheiratete oder in eingetragener Lebenspartnerschaft lebende Personen dürfen im Krankheitsfall für ihren Partner bzw. ihre Partnerin gesundheitliche Entscheidungen treffen – von Gesetzes wegen. Allerdings lässt sich nicht in jedem Notfall rechtzeitig eine Angehörige oder ein Angehöriger einbeziehen. In zeitkritischen Situationen, etwa bei einem Kreislaufstillstand, müssen Ärztinnen und Ärzte eigenständig entscheiden, wenn keine Patientenverfügung vorliegt. In solchen akuten Fällen wird in der Regel weiterbehandelt – leider oft unabhängig von den Erfolgsaussichten oder dem mutmaßlichen Patientenwillen.
Liegt keine Patientenverfügung vor, müssen Ärztinnen und Ärzte den Willen der betroffenen Person selbst ermitteln. Dabei gilt eindeutig: Niemand darf gegen seinen Willen behandelt werden. Eine Behandlung gegen den ausdrücklich erklärten oder mutmaßlichen Willen ist nicht nur ethisch bedenklich – sie kann genauso grausam sein wie das Unterlassen einer gewünschten Behandlung. Beides stellt im Übrigen auch eine Straftat dar. So klar dies juristisch auch scheint: In der medizinischen Praxis bleibt das Kernproblem, den tatsächlichen Patientenwillen zu kennen. Ist die betroffene Person nicht einwilligungsfähig oder kann sich nicht mehr äußern, führt das häufig zu Unsicherheit – mit weitreichenden Folgen.
RECHTLICHE BETREUUNG
Beratungsangebote der Caritas- und Fachverbände
Schwere Erkrankungen, geistige oder körperliche Behinderungen, Suchtkrankheiten oder altersbedingte körperliche und geistige Einschränkungen im fortgeschrittenen Stadium können dazu führen, dass Menschen ganz oder teilweise nicht mehr selbst für sich sorgen können. Sie haben Fragen zur Rechtlichen Betreuung, zur Vollmacht oder Patientenverfügung? Wir helfen Ihnen schnell, kostenlos und kompetent weiter. Stellen Sie Ihre Fragen an unsere erfahrenen Beraterinnen und Berater der Betreuungsvereine der Caritas, des SkF und des SKM. Informationen finden Sie auf den Seiten des Deutschen Caritasverbands | Mehr erfahren
ARBEITSHILFE »MEIN PERSÖNLICHER ENTSCHLUSS«
Münsteraner Instrumentarium zur Validierung des Patientenwillens
Nach freiem Willen über das eigene Leben zu bestimmen, ist ein fundamentales Recht, das auch im Rahmen der Patientenvorsorge wahrgenommen wird. Die Praxishilfe „Mein persönlicher Entschluss! Eine Bewertung von Vorsorgedokumenten zur Einhaltung des Patientenwillens“ dient der umfassenden Prüfung von Vorsorgedokumenten des Patient*innenwillens. Sie ist ein strukturierter Leitfaden, mit dem Mängel von Vorsorgedokumenten systematisch offengelegt und durch Aufzeigen von konkreten Handlungshinweisen behoben werden können.
ETHIKFORUM IM BISTUM MÜNSTER
»Mein persönlicher Entschluss! Eine Bewertung von Vorsorgedokumenten zur Einhaltung des Patientenwillens«
Einführungsworkshop »Der Bewohnerwille geschehe?!«
GESUNDHEITLICHE VERSORGUNGSPLANUNG
»Dynamische« Form der Patientenvorsorge
Advance Care Planning (ACP) bedeutet gesundheitliche oder vorausschauende Versorgungsplanung in der Pflege und Behandlung von Menschen. ACP ist ein Konzept für und mit einem Patienten, das darauf zielt, seine Behandlung und Pflege seinem Willen gemäß zu gestalten. Anhand eines kontinuierlichen, strukturierten Beratungs- und Begleitungsprozesses werden mögliche Erwartungen festgestellt sowie eindeutig und verständlich formuliert. Damit wird sichergestellt, dass der Patient umfassend informiert und aufgeklärt ist und seine Wünsche dem jeweiligen Behandlungsteam und den Angehörigen bekannt sind. So kann der mutmaßliche Wille der betroffenen Person auch in Situationen vertreten werden, in denen sie selbst nicht mehr in der Lage dazu ist. ACP stellt insofern »eine dynamische Form der Patientenverfügung« dar.
Die Versorgungplanung nach § 132 g SGB V lehnt sich an das internationale Konzept des „Advance Care Planning (ACP)“ an, das – angepasst an die Gegebenheiten in Deutschland – „Behandlung im Voraus planen (BVP)“ genannt wird. Seit dem Jahr 2015 setzt der Caritasverband der Erzdiözese München und Freising das Konzept innerhalb eines Pilotprojektes um. In zwei Einrichtungen der Altenhilfe und zwei Einrichtungen der Behindertenhilfe wurden erste Erfahrungen gesammelt, in die hier ein Einblick gegeben wird. | Mehr erfahren