PeopleImages | istockphoto.com

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25. November 2024

Wie Trost gelingen kann. Einem menschlichen Grundbedürfnis auf der Spur

Münster. Rund 50 Interessierte waren zu einem Abendforum mit dem Thema „Warum wir Trost brauchen – Auf den Spuren eines menschlichen Bedürfnisses“ mit anschließender Diskussion in die Akademie Franz Hitze Haus in Münster gekommen. 

 

 

„Das Bedürfnis nach Trost wird durch die Unsicherheiten in der Welt geweckt. Schicksalsschläge, Unglücke oder irreversible Einschnitte in unsere Biografie machen uns trostbedürftig“, erklärte Professor Dr. Jean-Pierre Wils von der Radboud Universität in Nijmegen in den Niederlanden. In der Trostbedürftigkeit stelle sich die Frage nach dem „Warum?“, also die Frage nach dem „Sinn“ des Geschehenen. Diese Frage sei jedoch prekär. Denn: „Sinn-Antworten, vor allem solche moralischer Ursachen, können eine Leidenssituation noch mehr belasten oder gar vergiften“, so der Philosoph. Dennoch sei der leidende Mensch nicht ohnmächtig. „Zum Beispiel verfügen Kunst, Musik oder Religion über eine Atmosphäre der ‚Unbegrifflichkeit’, die – wenn Trost gelingt – eine Ummantelung des Leidens bewerkstelligen können“, erläuterte Jean-Pierre Wels. Eine solche, vertrauensvolle Atmosphäre könne – zumindest für eine gewisse Zeit – auf eine andere, trostvolle Erlebnisebene führen.

 

Zudem mobilisiere der Trost die Hoffnung. Menschen hofften jedoch selten allein, sondern seien auf ‚Bündnisse des Hoffens‘ mit anderen angewiesen. „Diese ‚Solidargemeinschaften der Hoffnung’ stehen vermutlich quer zu den prägenden Idealen der Gegenwart, die auf Vorankommen, Selbstermächtigung und starke Subjekte gerichtet sind“, machte Wels aufmerksam. „Daher brauchen wir Korrekturen an unserem Selbstbild, nicht alles alleine zu können, was wir wollen.“

 

Die Theologin und Sozialarbeiterin, Professorin Dr. Verena Begemann, von der Hochschule Hannover, erklärte, dass das Leiden, die Verzweiflung, die Trauer zunächst einen geschützten Raum und Zeit bräuchten. „Als einfühlsame Gegenüber können wir uns als Resonanzkörper für Trauernde anbieten. Das bedeutet, sich vom Leiden des Gegenübers berühren zu lassen, in die Tiefe mit hinab zu steigen, das Leiden ernst- und aufzunehmen und es mit zu tragen und zu ehren“, beschrieb Begemann ihr Verständnis von seelsorglicher Begleitung. In der Trauer und Klage könne dann Trost und Hoffnung schon durchschimmern.

 

Sie sprach sich dafür aus, an biblischen Texten und traditionellen Ritualen – etwa einer Aussegnung oder eines Gedenkgottesdienst für die Verstorbenen – anzuknüpfen und sich auf die gemeinsame Suche nach „neu ausformulierten Klage-Psalmen“ zu machen. „Wie können wir Menschen in der Gesellschaft abholen, die mit dem Glauben an Gott nicht mehr viel anfangen können?“, fragte Begemann.

In der anschließenden Diskussion erklärte Norbert Schürmann, Departmentleiter der Abteilung Schmerz- und Palliativmedizin am Krankenhaus St. Josef in Moers, dass seiner Praxis-Erfahrung nach „alle in der Begleitung Tätigen dafür sorgen, dass der Patient und dessen Angehörige Trost finden.“ Insbesondere hob er den wichtigen Dienst der ehrenamtlichen Hospizbegleiterinnen und -begleiter bevor. „Auf den Menschen zuzugehen, offen sein und vor allem zuhören, bringt ganz viel Trost“, so Schürmanns Einsicht.

 

Die Veranstaltung bildete den vorläufigen Abschluss des palliativen Themenjahres der Caritas. Sie wurde ausgerichtet vom Ethikforum im Bistum Münster und dem Diözesancaritasverband in Kooperation mit der Akademie Franz Hitze Haus.

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